Jeder Mensch besitzt rund 656 Muskeln, die wiederum aus tausenden dünnen und sehr widerstandsfähigen Muskelfasern bestehen. Da Muskelfasern aber nicht gleich Muskelfasern sind, kannst du hier nachlesen worin Muskelfasern sich unterscheiden, wie du sie durch dein Training beeinflussen kannst und was es mit „Fast-Twitch“ und „Slow-Twitch“ genau auf sich hat.
Wie bereits erwähnt besteht jeder deiner Muskeln aus einzelnen dünnen Muskelfasern. Diese haben einen Durchmesser von 10 – 200 Nanometern. Zum Vergleich, 1 Millimeter entspricht 1.000.000 Nanometern. Muskelfasern sind also unglaublich dünn, können aber das 1000-fache ihres eigenen Gewichts tragen und sind somit extrem belastbar. Die Länge der Muskelfasern hängt dabei stark von der Länge des jeweiligen Muskels ab zu dem sie gehören und kann wenige Millimeter bis zu einigen Zentimetern messen. Die einzelnen Muskelfasern sind wiederum in Faserbündel zusammengefasst. Ein solches Faserbündel kann dann 0,1 – 1mm dick sein und ist an seinen Enden an Sehnen und Knochen geheftet.
Das grundlegende Funktionsprinzip eines Muskels ist die Muskelkontraktion. Das bedeutet ein Muskel zieht sich zusammen und erzeugt durch seine Verbindungen zum Skelett und den Sehnen die Bewegungen des Körpers. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Skelettmuskulatur, also solche Muskeln die mit deinem Skelett verbunden sind und die du willentlich bewegen kannst. Wenn sich ein Muskel zusammenzieht, nennt man das auch konzentrische Muskelarbeit. Dadurch verkürzen sich die Muskeln und übertragen die Bewegung über die Sehnen auf deine Knochen und ermöglichen es dir deine Körperteile zu bewegen. Wenn Muskeln arbeiten, unterscheidet man in drei verschiedene Formen der Muskelarbeit.
Bei konzentrischer Muskelarbeit zieht sich der Muskel zusammen und überwindet einen Widerstand.
Eine isometrische Muskelarbeit liegt vor, wenn ein Muskel seine Position gegen einen Widerstand hält.
Von exzentrischer Bewegung wird gesprochen, wenn ein Muskel einem Widerstand entgegenwirkt.
Du kannst dir alle drei Arbeitsweisen der Muskulatur am Beispiel Bankdrücken veranschaulichen:
Die drei Arbeitsweisen der Muskeln findest du aber natürlich nicht nur im Fitnessstudio, sondern auch bei fast allen anderen Bewegungen im Alltag. Bei der exzentrischen Bewegung wird dabei in der Regel der Muskel am stärksten unter Spannung gesetzt und die Gefahr für eine Verletzung ist dort am größten.
Du kennst das Gefühl, nach einem harten Training stehst du am nächsten Morgen auf und deine Muskeln schmerzen bei jeder Bewegung. Der berühmte Muskelkater. Doch wodurch entsteht er eigentlich? Wie du gelernt hast, stehen deine Muskeln bei Bewegungen immer wieder unter Spannung. Wird diese Spannung zu groß, beispielsweise wenn du sehr hohes Gewicht bewegst, können manche dieser Muskelfasern reißen. Diese kleinen Verletzungen werden auch Mikrotraumen genannt, da sie eben sehr klein sind und an verschiedenen Stellen im Muskel auftreten. Vor allem beim Training mit sehr hohem Gewicht oder Bewegungen mit sehr hohem Anteil an exzentrischer Muskelarbeit, wie beispielsweise beim Bergablaufen, steht der Muskel stark unter Spannung. Ist der Muskel diese Spannung nicht gewohnt, reißen einzelne Muskelfasern und verursachen den Muskelkater mit dem du dich am nächsten Morgen aus dem Bett kämpfen musst.
Wenn ein Muskel zu stark unter Spannung gerät, besteht die Gefahr, dass es zu einem Muskelfaserriss oder einem Muskelbündelriss kommt. Der wesentliche Unterschied zum Muskelkater, ist dabei vor allem das Ausmaß der Verletzungen. Während beim Muskelkater an verschiedenen Stellen sehr kleine Verletzungen des Muskelgewebes auftreten, reißen bei einem Muskelfaserriss meist sehr viele Muskelfasern an einer bestimmten Stelle. Das kann wiederum zu Einblutungen bis hin zu einem akuten Verlust der Muskelkraft führen. Als Konsequenz sollte der Muskel über längere Zeit so gut wie möglich geschont werden um den Heilungsprozess nicht zu stören. Ein Muskelbündelriss besteht hingegen, wenn ganze Muskelbündel unter zu großer Spannung reißen.
Wenn ein ganzer Muskel reißt, dann spricht man von Muskelriss oder Muskelabriss. Dies ist die schwerste Form einer Muskelverletzung und macht in vielen Fällen eine Operation notwendig, um eine vollständige Heilung zu erreichen bzw. wieder eine volle Kraftentfaltung des Muskels zu gewährleisten.
Innerhalb jedes Muskels gibt es unterschiedliche Arten von Muskelfasern, deren Verteilung und Ausmaß von Person zu Person variieren und vor allem durch den Trainingszustand bestimmt werden. Diese verschiedenen Fasertypen lassen sich vereinfacht in folgende drei Kategorien einteilen:
Slow-Twitch-Fasern werden häufig auch als rote Muskulatur bezeichnet oder Typ-1-Faser genannt. Diese Art der Muskelfaser zeichnet sich dadurch aus, dass sie langsam kontrahiert, aber dafür sehr ermüdungsresistent ist. Slow-Twitch-Fasern gewinnen dabei ihre Energie über den oxidativen Stoffwechsel, das bedeutet die Energiegewinnung erfolgt mithilfe von Sauerstoff, Glykogen und Fett. Glykogen ist ein Energiespeicher der primär aus Kohlenhydraten gewonnen und nach dem Verzehr der Nahrung in deinen Muskeln gespeichert wird. Man bezeichnet diesen Vorgang allgemein als aeroben Stoffwechsel.
Fast-Twitch-Fasern werden häufig als weiße Muskelfasern bezeichnet oder auch Typ-2-Fasern genannt. Sie zeichnen sich im Gegensatz zu Typ-1-Faser durch eine sehr schnelle Kontraktion aus und sind in der Lage kurzfristig sehr hohe Kraftleistungen zu liefern. Fast-Twitch-Fasern gewinnen die Energie zur Kontraktion hauptsächlich aus Glykogen, ohne den Einfluss von Sauerstoff. Diesen Vorgang bezeichnet man deshalb auch als anaeroben Stoffwechsel.
Den Intermediärtyp der Muskelfaser kannst du dir als eine Art Hybrid aus den anderen beiden Fasern vorstellen. Er ist zu schnellen Kraftleistungen fähig und dabei relativ ermüdungsresistent.
ST- und FT-Fasern unterscheiden sich also besonders durch ihren Energiestoffwechsel. ST-Fasern werden immer wieder durch die Atmung mit neuem Sauerstoff versorgt und können deshalb über sehr lange Zeiträume arbeiten. FT-Faser hingegen sind von schnell verfügbarer, gespeicherter Energie abhängig, deren Reserven deutlich schneller erschöpfen. Der Energieverbrauch einer FT-Faser ist dabei im Schnitt sogar 3 – 4 mal so hoch wie der einer ST-Faser.
Wenn man sich die Verteilung von ST-Fasern und FT-Fasern in den Muskeln anschaut, so ist deren Verhältnis zum einen durch die Genetik eines Menschen bestimmt, zum andern durch den Trainingszustand einer Person. Das bedeutet zwar, dass wir zu einem gewissen Verhältnis der Muskelfaser neigen, aber dieses vor allem durch unser Training maßgeblich beeinflussen können.
Wie du dir vielleicht denken kannst besitzen aus diesem Grund Ausdauersportler durch die langen und andauernden Belastungen mehr ST-Fasern, da diese in der Lage sind Sauerstoff für den Energiestoffwechsel zu nutzen und Belastungen lange standzuhalten. Im Gegensatz dazu bilden Sportler, die nur schnelle, kurze Bewegungen mit einem hohen Krafteinsatz bewerkstelligen müssen deutlich mehr FT-Fasern in ihrer Muskulatur. Hierzu zählen vor allem Sprinter oder Gewichtheber. So vermeiden Usain Bolt und andere Sprinter beispielsweise, längere Joggingrunden, um nicht Gefahr zu laufen dadurch den Anteil an ST-Fasern zu erhöhen und ihre Sprintfähigkeit zu mindern. Wer so schnell wie möglich auf den 100m sein möchte, sollte also so gut wie möglich Ausdauereinheiten streichen. Ein Sprinter kann so mit genetischer Veranlagung und entsprechendem Training einen Anteil von bis zu 85% FT-Fasern erreichen und ein Marathonläufer denselben Anteil an ST-Fasern.
Da es aber nicht nur Marathonläufer und Sprinter gibt, fallen natürlich auch Sportler in die Mitte des Spektrums und weisen ein eher ausgeglichenes Verhältnis auf. Ein gutes Beispiel hierzu sind Kampfsportler, die zum einen über ausreichende Schnelligkeit und Schlagkraft verfügen müssen, andererseits in der Lage sein sollten das hohe Tempo über einen Zeitraum von bis zu 40 Minuten halten zu können. So können natürlich auch einzelne Muskeln unterschiedliche Anteile eines Fasertyps aufweisen, je nachdem wie diese trainiert werden.
Wie du siehst, hat dein Training nicht nur Auswirkungen auf die Größe deiner Muskeln, sondern auch die Zusammensetzung verändert sich mit den Trainingsreizen. Du solltest dir also immer bewusst sein, dass es sehr schwer ist gleichzeitig extrem schnell und extrem ausdauernd zu sein. Wenn du also unbedingt das Maximum an Gewicht bei deinen Kniebeugen herausholen willst, solltest du dir also überlegen wie oft du einen 10km-Lauf machst und umgekehrt. Auch wenn das noch lange nicht bedeutet, dass du nicht in beiden Disziplinen auch gleichzeitig große Fortschritte machen kannst, solltest du dein Wissen über Muskelfasern immer in deine Trainingsplanung miteinbeziehen.
Marc absolvierte den sportwissenschaftlichen Masterabschluss an der DSHS Köln und am KIT. Seine Personaltrainer-Ausbildung und die mehr als 14 Jahre Trainingserfahrung tragen zu seiner Expertise bei.